club 64 war ein loser Zusammenschluß von Ahlener Bürgern und Bürgerinnen, die sich 1964 aktiv einbrachten, nicht über die Kunst redeten, sondern auch handelten, indem sie Ausstellungen durch Mihilfe unterstützen oder inszenierten wie Durchführung von Dichterlesungen und spontane Einsätze in Sachen Kultur unter der Regie von Gerhard Dietz †, Redaktstionsleiter der Zeitung "Die Glocke".





Zauber der Poesie

Dichterlesung des „club 64" - Gepflegte Geselligkeit

Ahlen. Der Zauber des Reiches der deutschen Poesie in Dichtungen, z. B. von Nikolaus Lenau, Rilke, Werfel und Matthias Claudius zeigten sich im „studio 18", als dorthin der „club 64" eingeladen hatte, auch zwei junge Gäste aus den benachbarten Niederlanden sehr zugetan. Mit erfreulich zahlreichen Gästen hörten sie ferner Werke der Göttlichen Komödie, Dante Alighieri.

Sie ließen sich vom Club-Leiter Gerd Dietz gern überzeugen: gerade die Abschiedsstimmung des Herbstes hat Dicher zu allen Zeiten zutiefst angerührt, so dass sie auch dieser Jahreszeit der Stille und des Totengedenkens ihren poetischen Tribut gezollt haben. Davon zeugte insbesondere auch Conrad Ferdinand Meyers berühmter „Chor der Toten".

Ein heiteres Gedicht von Henri de Regnier jedoch leitete schon, dass es die Eigenschaften der Edelsteine zu erspüren suchte, zum zweiten Teil dieser Club-Veranstaltung über: Goldschmiedemeister Werner Fischer, der auch der Lyriklesung einen aparten und geschmackvollen Rahmen geschaffen hatte, sprach aufschlußreich von seinem schönen Beruf, ehe er die Club-Gäste zu den praktischen Beispielen in den beleuchteten Vitrinen geleitete. Ihnen wurde dort jede fachmännische Auskunft gern gegeben. Verständlich, dass namentlich die Damen helles Entzücken vor der Pracht edler Steine bekundeten.

Im „studio 18" will der „club 64" zu Ende des Jahres mit einer ersten eigenen Ausstellung „Kalender" in Erscheinung treten. Bekanntlich werden weit über 800 Kalender alljährlich in der Bundesrepublik hergestellt, oftmals kunstvoll und interessant. Eine Auswahl davon will der Club im „studio 18" zeigen. Der nächste Club-Abend am Mittwoch, 8. Dezember 1965, soll zur Ausstellung der Handwebschule auf Haus Kalkstein führen, wo man am offenen Herdfeuer hofft, behaglich auch miteinander plaudern zu können.

Denn Geselligkeit, wie sie alle 14 Tage im Anschluß an ein gehaltvolles Thema im Hotel Neuhaus gepflegt wird, gehört ins feste Programm dieses Club-Zusammenschlusses. Er hat ohne starre Bindung eine Zahl aufgeschlossener und nun schon befreundeter Männer und Frauen nach einer VHS-Arbeitsgemeinschaft in Verbindung gebracht.

Gäste sind beim „club 64", der im Dezember im „studio 18" eine weitere Dichterlesung zum Advent halten will, stets gern will kommen.

„studio" für intime Kunst der Muße

VHS-Arbeitsgemeinschaft erprobte erfolgreich idealen Raum

Ahlen. Nun hat sich der intime stimmungsvolle Raum des „studio 18" in einem Maße, wie wir es selber bei allem Zutrauen nicht erwartet hatten, für kulturelle Abendveranstaltungen im kleinen, gleichgestimmten Kreise vorzüglich bewährt: Die Arbeitsgemeinschaft „Presse" der Ahlener Volkshochschule war dort, wo Goldschmiedemeister Werner Fischer als liebenswürdiger Hausherr durch Anordnung von geschmackvollen Sitzgelegenheiten ein Forum geschaffen hatte, bei der hochinteressanten Uhrenausstellung zu Gast.

Einleitenden Gedanken des Leiters der Arbeitsgemeinschaft „Glocke"-Redakteurs Gerd Dietz, über die jahrtausendealte Sehnsucht der Menschen „Herr der Zeit" durch Geräte zu ihrer exakten Messung zu werden, folgte die Vorführung eines musikunterlegten, künstlerisch hochwertigen Farbfilms zum gleichen Thema.

Werner Fischer ließ es sich dann angelegen sein, aufs genaueste zu deuten und zu zeigen, was alles, von der Sonnenuhr bis zur flachsten Automatik der Welt mit Rotor in einem goldenen 20-Dollar-Stück in dieser außergewöhnlichen Zeitmesser-Sammlung zu sehen ist.

Man entdeckt auch beim wiederholten Besuch stets noch Neues: So die Fotozelle als Kraftwerk, das elektrischen Strom erzeugt, oder die Vorgängerin der Blindenuhr, Ahlener Familienleihgaben mit Uhrwerken aus Holz, die Uhr mit einer von einer Feder nachgeschobenen Kerze im Inneren, mit Wecker und sogar einem Behältnis, das Wasser für zwei Tassen Morgenkaffee wärmte. Es gibt die Japan-Uhr, die halbe Stunden mißt, Höchstleistungen englischer Uhrmacherkunst, die Uhr im silbernen Fernglas, die „trägste Uhr der Welt" mit dem Immerwährenden Kalender - aber auch den König in der Astronomischen Schweizer Uhr, der beim Stundenschlag hochmütig die Zunge herausstreckt.

Man darf gewiß sein: Auch Kammermusik klingt gut in diesem „studio 18", hier kann man Bilder hängen, und hier läßt sich Dichtung lesen. Hierhin, so sagte man es an diesem Abend, kann man auswärtige Gäste auch tagsüber nun führen: Das „studio", aus merkantilen Motiven keinesfalls erklärbar, hat uns gefehlt.